Zuallererst die Frage: Wofür steht valediction und haben Sie keine Sorge, dass man Sie gar nicht als Bestatter wahrnimmt?
Diana Haase // Sie meinen, weil ich nicht «Bestattungshaus Haase» oder so ähnlich heiße? Das habe ich ganz bewusst entschieden — denn das bin ich auch nicht. Valediction heißt «Abschied nehmen». Und genau das ist es, womit ich mich beschäftige. Abschied nehmen heißt nicht nur jemanden zu bestatten. Abschied nehmen heißt, sich von jemandem zu trennen, loszulassen. Das kann während einer Beisetzung sein, oder auch schon bevor jemand stirbt geschehen. Abschied kann man genauso nehmen, wenn jemand schon lange beerdigt ist. Ich begleite Menschen in jeder Situation des Loslassens — wobei eine Beisetzung unbestritten ein wichtiger Teil dessen ist.
Eine Frage, die Sie vermutlich nicht zum ersten Mal gestellt bekommen: Warum entscheidet man sich mitten im Leben plötzlich Bestatter zu werden?
Diana Haase // Vor einigen Monaten hätte ich weit ausgeholt, um diese Frage zu beantworten. Heute kann ich es mit wenigen Sätzen auf den Punkt bringen. Zuallererst, das war keine Entscheidung. Die Themen Sterben, Tod und Trauer waren in den letzten Jahren mein ständiger Begleiter. Das meine ich überhaupt nicht dramatisch, sondern ich kann sagen, dass war die wegweisendste Zeit in meinem Leben. Ich habe nicht nur das Leben selbst, Verbundenheit, das Gefühl von Zuversicht und Hoffnung und die verschiedenen Arten mit Trauer und Verlust umzugehen neu kennengelernt, sondern auch meine Berufung gefunden.
Ich bin der absoluten Überzeugung, die Bestattungs- und Trauerkultur braucht viel mehr frischen Wind. Ich möchte die Freiräume, die durchaus inzwischen entstanden sind, nutzen und Menschen so zur Seite stehen, dass sie den Verlust eines geliebten Menschen nicht nur als Tragödie sehen, sondern mit einem Gefühl der Dankbarkeit und Zuversicht weitergehen können. Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, nicht nur zu überleben, sondern im besten Fall vielleicht sogar gestärkt aus dieser zuerst schier aussichtslosen Situation hervor zu gehen. Und da ich erlebt habe, dass es hier noch viel Luft nach oben gibt, ist Bestatter ein Teil meines Angebotes geworden.
Das klingt tatsächlich nicht nach dem Job eines typischen Bestatters. Ich habe gelesen, dass Sie sich als alternativen Bestatter bezeichnen? Was bedeutet alternativ in diesem Zusammenhang?
Diana Haase // Ich nutze das Wort tatsächlich in seiner eigentlichen Bedeutung — wie im Übrigen seit einigen Jahren schon manche Kollegen hier in Berlin. Ich sehe mich als Alternative zu vielen traditionellen Bestattern. Viele Menschen fühlen sich mit den gängigen Bestattungsritualen nicht mehr wohl und wünschen sich individuellere und selbstbestimmtere Formen des Abschieds und wollen tatsächlich selbst entscheiden können. Wenn mir jemand den Abschied, die Bestattung einer lieben Person anvertraut, erkläre ich nicht als erstes was erlaubt ist und was nicht. Ich frage nach den Wünschen, Ideen, nach Dingen, die die verstorbene Person richtig gut finden würde, was sie ausgemacht hat und was den Hinterbliebenen helfen könnte, um mit der Trauer umgehen zu können. Das ist die Basis für den bevorstehenden Weg.
Stellen Sie die Arbeit der klassischen und alteingesessenen Bestatter auf den Prüfstand?
Nicht generell. Der Bestatter an sich macht einen tollen Job. Er kümmert sich seit je her um sämtliche organisatorischen und bürokratischen Angelegenheiten nach dem Tod und eine erstklassige Versorgung der Verstorbenen. Um Wege, die absolviert werden müssen, um hygienische Rahmenbedingungen und er wahrt die Form. Er unterstützt die Angehörigen bei Formalitäten, die in der Ausnahmesituation, in der sie sich befinden echt überfordern können und ebnet den Weg vom Tod bis zum Beisetzen.
Das alles zählt selbstverständlich auch zu meinen Aufgaben. Ich finde jedoch, dass der Wandel in der Bestattungskultur — der nicht zu übersehen ist — nicht nur in der Art der Bestattung und der Individualität bei Sarg und Urne zum Tragen kommen darf. Ich sehe mich tatsächlich nicht als typischen Bestatter. Ich bin kein Sarg- oder Urnenverkäufer, sondern ich sehe den Schwerpunkt meiner Arbeit darin, den Hinterbliebenen Raum zum Atmen zu geben, eine echte Wahl zu lassen und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, den bevorstehenden Abschied, mutig, bewusst, individuell und authentisch zu erleben. Ganz nach meinem Motto «Authentisch Abschied nehmen ist das Letzte was wir für den Verstorbenen und das Erste was die Hinterbliebenen für sich tun können.». Und, ich biete an, nicht nur für die Bestattung an ihrer Seite zu sein, sondern ein Ansprechpartner für viele Dinge rund um die Beisetzung der verstorbenen Person zu sein.
Lassen sie uns da mal praktisch werden. Was genau meinen Sie damit? Was machen Sie anders?
Als erstes mache ich den Hinterblieben klar, dass die Eile, die Ärzte, Pfleger usw. nicht selten kommunizieren, nicht geboten ist. Ein Verstorbener kann 36 Stunden bleiben, wo er ist (natürlich nicht bei einem Unfall oder ähnlichem Unglück — hier gibt es andere Wege). Was viele Menschen auch nicht wissen ist, dass eine verstorbene Person in diesem Zeitraum auch aus dem Pflegeheim oder dem Krankenhaus noch mal nach Hause gebracht werden kann. Somit ist ein Abschied in vertrauter Umgebung möglich. Ein erster Schritt, um zu begreifen was passiert ist, ist, die verstorbene Person ganz in Ruhe wahrzunehmen, zu berühren, anzuschauen und nach vielleicht hektischen Zeiten inne zu halten, durchzuatmen, um auch nur ansatzweise zu verstehen. Offene Fenster, Musik — laut oder leise — Düfte, ein Glas Wein, Schokolade oder auch ein Schnaps, was auch immer. Dieser Moment ist unwiederbringlich und unheimlich wertvoll.
Dann steht es an, die Beisetzung zu planen. Auch hier ist es mir wichtig, Eile und Hektik rauszunehmen. Das Ziel ist nicht, es schnell hinter sich zu bringen. Bedacht, überlegte Entscheidungen und ein Bewusstsein für das was gerade passiert, helfen den Hinterbliebenen, einen ersten Schritt in ihrer Trauer zu gehen. Ich möchte ihnen vermitteln, dass es heilsam ist, langsam, in ihrem Tempo auf dem Weg der Trauer zu reisen. Und ganz wichtig, ich animiere sie selbst etwas zu tun, einen Beitrag zum Abschied zu leisten und sich nicht nur berieseln zu lassen. «Trost liegt im Tun», davon bin ich überzeugt.
Was meinen Sie mit Bedacht, überlegte Entscheidungen und ein Bewusstsein? Wenn ich an die Vorbereitung einer Bestattung denke, denke ich an eine beklemmende, freudlose Zeit, in der ich einen Sarg oder eine Urne aussuchen muss, an zwei, drei Lieder, die Trauerkarten und daran, bloß nicht zu vergessen Tante Edeltraud einzuladen.
Diana Haase // Sehen Sie, genau das ist der Punkt. Wenn Menschen an eine Beisetzung denken, schnürt es ihnen die Kehle zu. Ein Gefühl von bedrückender Angst, Eile, Leere und Hoffnungslosigkeit macht sich breit und viele Hinterbliebe «erwachen» erst wieder, wenn die Beisetzung längst vorüber ist. Das heißt ganz praktisch, im Eiltempo werden Sarg oder Urne ausgesucht, Freunde und Familie benachrichtigt, Blumen bestellt und ein Gespräch für die Trauerrede steht auch an. Es wird geweint, umarmt, geschwiegen, Fassungslosigkeit macht sich breit. Und Wochen später sind die Blumen verwelkt und die Erinnerung an die Beisetzung bleibt. Im besten Fall ist sie gut, aber immer öfter wünschen sich die Menschen einen Abschied, der viel individueller ist, authentischer, lebendiger und frei von Konventionen und «Das macht man so». Allerdings fehlt vielen Menschen nicht nur die Zeit, sondern auch Mut und Kraft auch noch Traditionen zu brechen und irgendwie anders zu sein. Da komme ich ins Spiel.
Aber nun bin ich schon wieder in der Theorie. Mach ich es mal praktisch.
Warum nicht zusammenkommen, gemeinsam den Sarg oder die Urne gestalten, dabei Geschichten erzählen, die verstorbene Person in die Mitte nehmen und Erinnerungen zulassen, die einen wertvollen Beitrag leisten, dankbar sein zu können für die gemeinsame Zeit die man hatte. Wut, Trostlosigkeit und Tränen haben dabei genauso ihren Platz wie Stolz, Verbundenheit und ein Lächeln. Ebenso individuell und überlegt sollte die Auswahl der Urne, des Sarges der Musik und sonstiger Ausschmückung sein.
Und ganz wichtig -> wer sagt etwas bei der Beisetzung? Ein abgelesener Lebenslauf trägt nicht unbedingt dazu bei, die verstorbene Person wiederzuerkennen. Geschichten, die das Leben schreibt, Briefe und Gedanken von Hinterbliebenen, Gedichte oder Tagebuchauszüge ermöglichen es, zustimmend zu nicken und zu wissen, dass man auf der richtigen Beisetzung ist.
Ich ermutige, die Trauerfeier aktiv mitzugestalten, Karten und Erinnerungen für die Gäste der Beisetzung zu basteln, etwas vorzutragen oder selbst für die musikalische Begleitung zu sorgen.
Beim letzten Abschied im Friedwald hatten wir alle Zeit der Welt, haben Leinwände mit Fotos aus dem Leben der verstorbenen Person aufgestellt, jeder hatte die Möglichkeit sie nochmal ganz anders kennenzulernen und es gab Koffer mit Erinnerungsstücken zum Mitnehmen aus der Wohnung und dem Leben. Am Ende des Tages war kein einziges Erinnerungsstück übrig und ich habe so viele Nachrichten bekommen, wie schön dieser Abschied war. Und jeder der «schön» geschrieben hat, hat sich im nächsten Satz für dieses Wort gerechtfertigt, es aber nicht gelöscht. Und genau das ist es, was einen Abschied ausmacht. Die verstorbene Person noch einmal ganz nah zu spüren, einen Tag zu gestalten, bei dem sie gerne dabei wäre.
Sie merken, ich kann mich darin verlieren, Ideen zu entwickeln und jede einzelne für unheimlich wichtig zu halten. Letztlich jedoch entstehen sie aber während der Gespräche mit den Hinterbliebenen, in denen ich die verstorbene Person und alle anderen kennenlernen darf.
Okay, das Thema Bestattungen habe ich jetzt verstanden. Aber was genau heißt, Sie bieten Abschiedsfeiern an? Wie wir ja auch gerade besprochen haben, findet die Trauerfeier für einen Verstorbenen im Rahmen der Beisetzung statt und wird auch oft vom Bestatter organisiert.
Diana Haase // Ja, das stimmt. Deshalb ist dieser Teil meines Angebots auch nicht das Ausrichten einer Trauerfeier, sondern einer Abschiedsfeier. Das ist keine Wortklauberei, sondern ich sehe da ganz klar einen Unterschied. Wissen sie, wenn jemand stirbt ist für die Angehörigen von einem Moment auf den anderen nichts mehr wie es war und in dieser furchtbaren Situation sind viele Entscheidungen zu treffen. Während die Welt plötzlich still steht, muss der Kopf auf Hochtouren arbeiten. Und nicht immer steht ein Bestatter zur Seite, der individuell auf die Hinterbliebenen eingeht und sie so betreut, dass sie mit einem Gefühl zurück bleiben mit dem sie gut weiterleben können.
Und dann, Wochen später sind die Blumen verwelkt und die Erinnerung an die Beisetzung bleibt. Vielleicht ist dann noch etwas offen und der Wunsch, den Abschied auf eine ganz andere und vor allem individuelle Weise zu begehen, steht im Raum. Dann bin ich der richtige Ansprechpartner.
Das gilt genauso für Erinnerungsfeiern. Ich habe erfahren, den eigenen Tod, den stirbt man nur, den Tod der anderen muss man leben. Eine Erinnerungsfeier kann ein wichtiger Schritt und eine Chance auf dem Weg durch die Trauer sein. Da jeder Mensch auf seine Weise trauert und seine eigene Zeit braucht um mit dem Verlust und dem Schmerz umzugehen, kann eine Erinnerungsfeier, zum Beispiel am ersten Todestag, an einem Geburtstag oder auch einfach so, eine gute Möglichkeit sein, der Trauer noch einmal seinen Platz einzuräumen.
Ihr Angebot richtet sich auch an Menschen, die wissen, dass sie zeitnah sterben werden. Dass jemand der stirbt «feiert», habe ich ehrlich gesagt noch nicht gehört.
Diana Haase // Ich gebe zu, das ist in der Tat ungewöhnlich. Allerdings ist die Vorstellung, sich aktiv von seinem Leben und seinen Lieben zu verabschieden eine sehr beruhigende. Während einer Trauerfeier werden viele gute Worte über die verstorbene Person verloren. Man redet über gemeinsame Erlebnisse, erinnert an vergangene Zeit, betrauert den Verlust und zeigt Dankbarkeit dafür, dass sie Teil des eigenen Lebens war. Wenn ich mir das so vorstelle, denke ich, ICH habe davon nichts mehr. Ich würde das aber vielleicht gerne hören, würde auch liebend gerne etwas zu meinen Freunden, meiner Familie oder andere Angehörige sagen. Vielleicht gibt es noch Dinge, die ich klären oder sagen möchte. Ich glaube so ein letztes Fest ist ein Zeichen von Stärke und Mut und gibt dem Sterbenden die Möglichkeit, aktiv zu sein, zu gestalten und gemeinsam mit seinen Lieben zu weinen, lachen, reden oder auch zu schweigen. Und für alle entsteht die Chance, versöhnlich mit dem bevorstehenden Tod umzugehen.
Ihr gesamtes Angebot und Ihre Ansichten klingen zum Teil sehr idealistisch und ungewöhnlich. Sehen die Menschen, die auf Sie aufmerksam werden das genauso?
Diana Haase // Ich habe in den letzten Monaten sehr unterschiedliche Meinungen gehört. Es gibt Menschen, die dem Thema Sterben, Tod und Trauer offen gegenüberstehen, darüber reden, eine eigene Meinung haben, meinen Ansatz und meine Ideen verstehen und den Bedarf daran erkennen. Dann gibt es aber auch die Menschen, die das Thema aus Ihrem Leben verdrängen und die, für die Sterben immer nur mit Leid, Schuld, Tragik und Kummer verbunden ist und die sich ihrem gefühlten auferlegten Schicksal hingeben. Das sind aus meiner Sicht die Menschen, die an Traditionen und Konventionen festhalten und ihre Chance auf einen versöhnlichen Umgang mit der Endlichkeit des Lebens nicht sehen (wollen oder können).
Was auch immer es sein mag was die Menschen dazu bewegt, die Themen Sterben, Tod und Trauer aus Ihrem Leben zu verbannen — ich möchte einen Beitrag leisten, dass es neue Wege gibt, ohne ständige Angst, das Gefühl keine Luft zu bekommen, leise sein zu müssen und mit gesenktem Kopf durchs Leben zu gehen. Ich kann das alles durchaus gut verstehen, schließlich steckte ich nicht nur einmal selber in der Situation. Aber ich durfte erleben, dass ein ungewöhnlicher und individueller Weg mit der Trauer und dem Verlust umzugehen, die Möglichkeit eröffnet, zuzulassen, dass die Verstorbenen einen weiter begleiten dürfen, weiter im Herzen und Teil des Lebens sind. Ich kann über sie sprechen, wie ich es möchte, mal fluchend, mal sehnsüchtig, mal dankbar aber auf jeden Fall immer ohne Schluck- und Atembeschwerden.
Vorhin haben Sie kurz erzählt, dass Bestatters zu werden eher eine Berufung als eine Entscheidung war. Aber was für ein Weg liegt da beruflich hinter Ihnen?
Diana Haase // Da muss ich dann doch kurz ausholen. Wissen Sie, es gab mal eine Zeit, in der wollte ich gerne Wedding Planer werden. Einen besonderen Tag im Leben zweier Menschen so zu gestalten, dass er unvergesslich wird und genau zu den beiden passt, fand ich unheimlich verlockend und reizvoll. Ich hatte so viele Ideen im Kopf und die Vorstellung, die Menschen kennenzulernen und gemeinsam mit ihnen genau das zu entwickeln was für sie perfekt war, reizte mich total.
Daraus wurde aber nichts. Nachdem ich nach dem Abi und der Ausbildung als Dekorateurin gearbeitet habe, wurde ich erst Partnerin und dann Geschäftsführerin einer Internetagentur. 2011 bin ich dann zum ersten Mal relativ schonungslos mit dem Thema Tod und Trauer in Berührung gekommen. Aber ohne lange meinen Lebenslauf zu erzählen, war es so, dass ich Anfang 2018 diese Internetagentur aufgelöst habe, weil es Zeit war, neue, vor allem eigene Wege zu gehen.
Und als dann der Wedding Planer mal wieder im Raum stand und ich mich fragte, ob die Welt tatsächlich auf den 8.758ten Wedding Planer wartet, ich auf mein aktuelles Leben schaute, zusammen nahm was ich konnte, wo inzwischen meine Kompetenzen und meine Interessen liegen, was mich ausmacht und erfüllt, war sehr schnell klar, nicht Hochzeiten auszurichten, sondern Abschieds-, Erinnerungsfeiern und letzte Feste. Dann auch Bestattungsleistungen anzubieten, war nur der logische Schritt, nachdem ich einige Erfahrungen auch in der Bestattungskultur gemacht habe und es für mich unumgänglich war, den Menschen auch hier neue Wege zu eröffnen mit Tod und Trauer umzugehen. Das Gesamtkonzept macht valediction aus.
Finden Sie nicht, dass der Vergleich zum Wedding-Planer etwas ungewöhnlich ist?
Diana Haase // Oberflächlich betrachtet vielleicht schon. Ich finde jedoch, auch Menschen am Ende ihres Lebens haben einen Autokorso verdient. Eine Beisetzung, eine Trauer-, Abschieds- oder Erinnerungsfeier muss einen ähnlichen Stellenwert haben und sollte ebenso liebevoll und individuell geplant sein wie eine Hochzeit. Einladungskarten, Location, Essen, Rituale und Musik müssen passen, und das nicht nur, weil sie das Beste und Nächstliegende aus dem Katalog sind und ins Schema passen «Das machen alle so.». In erster Linie muss die verstorbene Person im Mittelpunkt stehen, und zwar so, dass die Hinterbliebenen einen wichtigen Schritt Trauerarbeit leisten können. Wenn wir schon einen Menschen verabschieden müssen, worum uns keiner bittet und was uns überhaupt nicht passt, ist der beste Weg mit der Trauer umzugehen, den Menschen so zu verabschieden, wie er war. Das war und ist die Idee von valediction.
Von der Dekorateurin, über das Internet zum Bestatter und Organisator von Abschieds- und Erinnerungsfesten? Woher kommen die Kompetenzen für Ihre heutige Tätigkeit?
Diana Haase // Nach dem Tod meines Lebensgefährten habe ich die bis dahin gemeinsame Internetagentur zwar gut, gewissenhaft und wirtschaftlich erfolgreich weitergeführt, aber ich habe immer mehr gespürt, dass ich beruflich einen anderen, einen eigenen Weg in meinem neuen Leben finden muss. Was Neues, das klang jedoch einfacher als es war. Ich habe begonnen mich ehrenamtlich im Hospiz zu engagieren, habe eine Ausbildung zur ambulanten Sterbebegleiterin bei der Caritas absolviert und mich somit auch immer intensiver mit dem Thema Abschied beschäftigt. Es hat mich erfüllt, Menschen zu begleiten die nur noch wenig Zeit in ihrem Leben haben, Ihnen kleine Wünsche zu erfüllen, Ihnen zuzuhören, einfach nur da zu sein. Das hat mich geerdet und mir noch mehr die Augen für das was wirklich zählt im Leben geöffnet. Ich konnte und kann gut mit diesen Menschen umgehen, habe keine Berührungsangst und das Gefühl, ihnen durch meinen normalen und angstfreien Umgang, gepaart mit einer offenen Art gut zu tun. Auch zu den Angehörigen habe ich immer einen guten Draht. Ich glaube man spürt, wenn das Schicksal einen ähnlich getroffen hat und jemand weiß, wovon er spricht. Gut, und dazu bin ich gelernte Dekorateurin, habe ein gutes Gespür für Design, Gestaltung, Farben, Wort und Schrift und kann das, was an Gefühlen in der Luft liegt, sehr gut wörtlich, grafisch und gestalterisch umsetzen.
Hinzu kam, dass ich meinen heutigen Ehemann kennengelernt habe, dass ich erleben konnte wie es ist, nach einem so katastrophalen Erlebnis, nach der Frage wie und ob es überhaupt weitergehen soll, ein neues Leben zu führen, dass die Vergangenheit nicht einfach ab- oder ausschließt und vergessen lässt, sondern Teil des Lebens wird. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich und ich weiß heute, dass meine Art des Abschieds so viel dazu beigetragen hat, heute genauso im Leben zu stehen, wie ich es tue. Ich habe weitere liebe Familienmitglieder beim Sterben begleitet und die Regie für die Beisetzung in die Hand genommen. Das war in diesen Situationen genau das richtige und trägt meine Familie und mich noch heute. Und warum soll ich das nicht weitergeben?
Menschen, die es mit einem Schicksalsschlag zu tun haben, haben vielleicht auch finanzielle Probleme? Was kostet eine Beisetzung, Abschieds- oder Erinnerungsfeier?
Diana Haase // Für Bestattungen habe ich Pakete geschnürt, in denen alles dabei ist, was für eine Beisetzung notwendig ist. Eine Erdbestattung kostet 2.900 Euro, eine Feuerbestattung 2.600 Euro. Luft nach oben ist immer, wenn Urne, Sarg, die Art des Abschieds oder der Abschiednahme individuell sein sollen. Die Preise finden sich aber ganz transparent auf meiner Website.
Bei Abschieds-, Erinnerungsfeiern oder letzte Feste ist es etwas anders. Hier gibt es viele Stellschrauben, es gibt Dinge die viel Geld kosten und Dinge, die kaum etwas kosten, aber so viel wert sind. Ein wesentlicher Faktor für die Kosten ist auf jeden Fall die Location. Eine Feier in einer Location, die keine oder nur eine sehr geringe Miete verlangt, ist natürlich weniger kostenintensiv als eine Feier in einer Location, die einige Tausend Euro verlangt. Und so geht es beim Catering und der Ausstattung weiter.
Ich mag es sehr, offen zu reden, nach dem Budget zu fragen und zu schauen, dass die Menschen, die mir das Vertrauen schenken, genau die Feier bekommen, die sie sich wünschen und die sie sich leisten wollen und können. Außerdem habe ich noch eine gute Sache auf Lager. Ich arbeite mit gofoundme zusammen. Das ist die weltweit größte gesellschaftliche Online-Fundraisingplattform, die es ermöglicht, individuelle Finanzierungskampagnen für Privatpersonen zu erstellen. Somit können wir gemeinsam mit den Angehörigen, Freunden und der Familie eine Spendenkampagne starten, innerhalb der Geld gesammelt wird, um die anstehende Feier zu finanzieren.